Joachim von Burchard

Regisseur

Faserland - oder das dekadente Leben der Neunziger

nach dem Roman von Christian Kracht

Krachts Icherzähler lässt sich mittreiben, nimmt teil am müßigen Luxusleben, steigt in den besten Hotels ab, Hamburg, Frankfurt, Zürich, stilvolle Partys, viel Alkohol, noch mehr Zigaretten, und bleibt doch bei all dem seltsam unbeteiligt. Nur hin und wieder kann er sich für Momente zu ein klein wenig Hass oder Mitleid aufraffen. So etwas wie Begeisterung glimmt einzig in ihm auf, wenn er von Isabella Rossellini träumt, mit der er Kinder haben und auf einer Schweizer Alm leben möchte, weit weg von Deutschland, dieser großen Maschine im Norden, "die sich selber baut".

Der kleine Bildungsroman Faserland veränderte in Deutschland die Wahrnehmung einer ganzen Generation, von der es vorher hieß, sie habe gar keine Wahrnehmung.

dtv

Joachim von Burchard hat die Rolle des Ich-Erzählers auf drei Schauspieler aufgeteilt. Der damit zunächst erzeugte Eindruck eines inneren Dialogs wird jedoch wieder ad absurdum geführt, da diesem substantielle Gedankengänge und Selbstkritik fehlen. Der Ausdruck der inneren Leere aus Überdruss und Orientierungslosigkeit wird so quasi noch dreifach gesteigert. Imme Beccard, Moritz Pliquet und Andreas Schneider verkörpern ihre geteilten Rollen fein nuanciert, mal abgeklärt und gelassen, mal überheblich oder träumerisch. Sehr überzeugend.

HNA vom 19.Jan. 2013
  • Inszenierung: Joachim von Burchard
  • Ausstattung: Jeannine Simon
  • Musik: Jan Exner
  • Dramaturgie: Henrik Kuhlmann
  • Mit: Imme Beccard, Andreas Schneider, Moritz Pliquet
  • Deutsches Theater Göttingen 2013
Faserland
Szenenfoto
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