Joachim von Burchard

Regisseur

35 Kilo Hoffnung

nach dem Roman von Anna Gavalda

Kleine Geschichte wird zu großem Theater

Mainz - Mit sieben Jahren bastelt David eine geniale Bananenschälmaschine, seiner Mutter schenkt er ein selbst gebautes Nachtbügeleisen mit Scheinwerfen, und dem Papa repariert er den Rasenmäher, einfach so.
Doch mit der Schule, da will es nicht klappen. Im Sport macht er schlapp, Rechnen liegt ihm nicht. Mit 13 soll er das zweite Mal sitzen bleiben und ist sich sicher: "Ich hasse die Schule, nichts ist schlimmer auf der Welt."

Von Burchard speckt "35 Kilo Hoffnung" tüchtig ab, aber gerade so gelingt ihm ein großer Coup mit seinem Stück für Theatergänger ab neun Jahre. Drei Schauspieler reichen aus. Mathias Spaan spielt den herrlich aufgedrehten David, den unbestrittenen Mittelpunkt des Stücks.
Dem Trio gelingt es, eine ungeheuer dichte Geschichte zu weben, gerade weil daraus alles Unwesentliche verbannt ist - auch in Sachen Bühnenbild: Jeannine Simon stellte ein paar roh gezimmerte Kisten hin, die in immer neuen Kombinationen und mit einigen Extras verschiedenste Räume schaffen.Vollends minimalistisch gerät die Musik, wenn sie überhaupt Musik genannt werden kann. Sie kommt von einer Saite, die über ein Colaflasche gespannt ist. Auch diese extra fürs Stück geschaffene "One-String-Guitar" passt großartig ins karge Bild. Zu ihrem Jaulen dringt auf David quälend dieses eine Wort ein: "Lernen, lernen, lernen!" Solche und andere kleine Einfälle machen das Stück groß. Als sich David etwa durch die TV-Kanäle zappt, spielen Paliatsou und Graf sich dazu hinreißend komisch durch alle Klischees des kommerziellen Fernsehens. Dafür gibt es zur Premiere Szenenapplaus. "Ich bin nicht sehr groß, aber ich wiege 35 Kilo Hoffnung", erzählt David, als er sich für die Schule bewirbt, die endlich die richtige sein könnte. Nach 75 Minuten ist er vielleicht am Ziel. Sein Geschichte ist nicht ungewöhnlich, und schon gar nicht kompliziert. Doch mit dieser Inszenierung wird sie brillant erzählt, und darauf kommt es.

Mainzer Rhein Zeitung 25.2.2012
  • Regie: Joachim von Burchard
  • Ausstattung: Jeannine Simon
  • Dramaturgie: Barbara Stößel
  • Mit: Stefan Graf, Johanna Paliatsou, Mathias Spaan
  • Staatstheater Mainz 2012
Video Trailer Staatstheater Mainz