BRD/Ost-Deutschland/Thüringen/Altenburg. Wir schreiben das Jahr 1990. Auch im schönen Thüringen, also einem der niegelnagelneuen Bundesländer, geht eine gewaltige Transformation vor sich. Die Demokratie hält Einzug und mit ihr der Kapitalismus, die Ellenbogengesellschaft, wie sie im Buche NEUE LEBEN von Ingo Schulze steht. Waren bis vor kurzem in dem schönen Städtchen Altenburg noch persönliche Beziehungen wichtiger als die Zahlungsfähigkeit, so muss allenthalben nun vom Gegenteil berichtet werden. Das idealistische Projekt ALTENBURGER WOCHENBLATT droht zu einem schnöden Anzeigenblatt zu werden, romantische Ideale von der Pressefreiheit rücken in weite Ferne...
Das Stück „Neue Leben – man muss doch das Mittelmeer sehen“ erzählt auf der unmittelbaren Handlungsebene von Enrico Türmer, einem ehemaligen Ost-Dramaturgen, der zunächst als kritischer Journalist und Regimekritiker auffällt, der sich selbst für ein Genie hält und der schließlich zum Macher eines Anzeigenblatts mutiert. Das Stück bringt ins Blickfeld, wie Osten und Westen sich selbst und gegenseitig abhanden kamen und erfindet für dieses Sujet die Form einer „polyvalenten“ Dramaturgie der Vorurteile – garantiert komisch, garantiert seltsam.