In lapidarem Ton teilt der erste Satz der Erzählung das Ungeheuerliche mit: Gregor Samsa, ein die väterlichen Schulden abtragender Handlungsreisender, stellt nach dem Erwachen fest, dass er sich über Nacht in ein monströses Insekt verwandelt hat. Mitgefühl zeigt die Familie kaum: Der Vater treibt den Sohn brutal in sein Zimmer, später verwundet er ihn schwer. Die Mutter fügt sich in den Willen ihres Mannes. Die anfängliche Sorge von Schwester und Bruder kehrt sich wiederum bald in Ekel. Abgeschnitten von Außenwelt und Anteilnahme vereinsamt und verwahrlost Samsa zusehends...
Vom Biedermeierzimmer in den Stahlkäfig
Joachim von Burchards Inszenierung ist ebenso aufwühlend wie das Stück selbst. Aber nicht nur die Darsteller machen das Stück zu einem ergreifenden Erlebnis. Auch die Klangkompositionen verleihen den dramatischen Höhepunkten eine bedrohliche Stimmung. Der metallene Käfig – mit Saiten und Gong versehen – dient dabei als vielseitig einsetzbarer Klangkörper. Die gut durchdachte Inszenierung verdeutlicht Gefühle wie Angst, Ignoranz, Intoleranz, Abscheu, Schuld und Einsamkeit auf verschiedene Weise – durch überzeugendes Schauspiel, symbolische Bühnenbilder und kreative Klanguntermalung. Bewegend und sehenswert!
Göttinger Tageblatt vom 12.10.2012