Joachim von Burchard

Regisseur

In einem tiefen, dunklen Wald

von Paul Maar

Eigentlich hat Paul Maars Geschichte alles, was man aus den Gutenachtgeschichten der Kindheit kennt, aus den dicken Büchern mit den Märchensammlungen: da ist der gutmütige König, der einen Mann für seine Tochter sucht; die Prinzessin, die von einem Helden gerettet werden soll; das Untier, aus dessen Höhle die Prinzessin befreit werden soll; der einfache Junge, der am Schluss gewinnt; und ein verzauberter Prinz. Und trotzdem ist hier alles ein wenig anders. Prinzessin Henriette-Rosalinde-Audora soll einen Prinzen und waschechten Held heiraten, soviel steht fest. Wenn sich von sich aus niemand für die verwöhnte kleine Naschkatze interessieren mag, dann muss man seinem Glück eben ein wenig auf die Sprünge helfen. Trickreich wird ein offenkundig vegetarisches Untier aufgestöbert und dieses soll Prinzessin Henriette-Rosalinde-Audora entführen, damit sie stilecht gerettet werden kann. Soweit geht der Plan auf − auch wenn das Untier sich erst mehr für Henriettes Butterbrote interessiert als für den Royal-Promi vor seinem Wald.

So einfallsreich und witzig wie Paul Maars Kinderbuchklassiker aus dem Jahr 1999 ist auch die Inszenierung des Staatstheaters, die jetzt Premiere feierte. Trotz sehr reduzierter Kulisse und nur mit einer Handvoll Schauspielern in wechselnden Rollen, schaffen Regisseur Joachim von Burchard und sein Team es, die Zuschauer in eine magische Märchenwelt zu entführen. Eine Welt allerdings, in der andere Gesetze herrschen, als der Märchenliebhaber es gewohnt ist. Hier haben die frechen Töchter das Sagen, Untiere fressen statt roher Prinzessinnen lieber gekochten Schinken und Königreiche sind so klein wie ein Badezimmer. Die Dialoge sind voller versteckter Wortwitze und feiner Ironie, sodass auch die großen Theaterbesucher auf ihre Kosten kommen. Heimlicher Star bei den jüngeren Zuschauern ist das knurrige Untier: Komplett in blauen Plüsch gehüllt sieht es aus wie ein riesiger Wischmob. Wenn es dann auch noch in seinem unverständlichen Kauderwelsch immer wieder „Pronzosson orloss! Konn och sonn! Fozobor Konn och sonn!“ brüllt, gibt es vor Lachen kein Halten mehr.

Mainzer Allgemeine Zeitung 02.03.2013
  • Stückfassung: Rainer Lewandowsky
  • Inszenierung: Joachim von Burchard
  • Bühnenbild & Kostüme: Jeannine Simon
  • Dramaturgie: Barbara Stößel
  • Mit: Verena Bukal, Lisa Mies; Joachim Mäder, Tilman Rose, Christoph Türkay
  • Staatstheater Mainz 2013
Video Trailer Staatstheater Mainz